Was ist ein Shitstorm? Und was können Unternehmen daraus lernen?

18. August 2014 at 13:26

Die Unternehmen fürchten ihn, unzufriedene Kunden und Aktivisten dagegen lieben ihn. Richtig! Hier ist die Rede von Shitstorm. So ein Shitstorm kann aber auch völlig unerwartet entstehen. Wenn das Unternehmen sehr schlecht bis garnicht vorbereitet ist, kann der Schaden sehr schlimm werden. In diesem Artikel möchte ich euch ein bisschen erläutern wie ein sogenannter Shitstorm entsteht und was die Unternehmen davon dann auch noch lernen können, sollten Sie betroffen sein.

Wenn man den Begriff Shitstorm mal ins deutsche Übersetzt dann heißt es eigentlich nicht viel mehr als Empörungswelle. Dieser Begriff klingt viel harmloser als der Englische Begriff oder nicht? Aber er verharmlost das Ereignis auf keinen Fall. Der Shitstorm ist ein Internetphänomen, bei dem massenhaft Kritik teilweise von Aktivisten gelenkt wird, teilweise aber auch eine Eigendynamik entwickelt. Und dies wird dann auf den Social-Media-Seiten der Unternehmen oder anderen Kanälen entladen in voller Wucht. Der Ton bei dieser ganzen Kritik ist sehr oft aggressiv, beleidigend oder teilweise sogar bedrohlich. Im Zentrum dieses ganzen Shitstorm stehen oft Unternehmen, Institutionen oder auch manchmal einzelne Personen.

Dabei gibt es auch mehrere Arten von Shitstorms. Generell gesehen kann von einem Shitstorm gesprochen werden, wenn unsachlich und persönliche Kritik die sonst argumentative Auseinandersetzung hierbei übertönt. Bei Berechtigten Beschwerden oder auch Kritik, ist es egal in welcher Intensität, kein Shitstorm. Der Begriff „Shitstorm“ ist mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch viel weiter gefächert: Alles, was Reputation eines Unternehmens, einer Marke oder einer Person beschädigt und über die sozialen Netzwerke verbreitet wird und eine Eigendymanik entwickelt, wird sehr sehr schnell als Shitstorm abgestempelt.

Die Unternehmen sind oft unzureichend auf einen Shitstorm vorbereitet

Es ist immer wieder zu beobachten das die Unternehmen nur unzureichend auf Shitstorms in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook vorbereitet sind. Wenn man einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom glauben schenkt, dann sind unter 172 Unternehmen der IT-Branche nur 42 Prozent die einen Notfallplan bzw. Krisenplan für die Kommunikation auf Facebook und Co. haben. Bei der Mehrheit ist das aber noch nicht der Fall.

In sehr vielen Fällen ist es so, dass sich ein Shitstorm dann entwickelt, wenn es in einem Unternehmen sowieso zu einem Krisenfall in irgendeiner Art und Weise kommt. In 90% der Fälle werden dann die Facebook-Seiten der Unternehmen als Anlaufpunkt genommen für die öffentliche Kritik. Im ganz groben lassen sich drei Fälle unterscheiden, die einen Shitstorm auslösen können: der allgemeine Krisenfall, missglückte Marketingaktionen und Aktionen von oder Krisen bei mit dem Unternehmen in Verbindung stehende dritte Parteien.

Angeschlagene Unternehmen können die Krise verschlimmern

Der Klassiker für die Auslösung eines Shitstorms ist unbedarftes Verhalten im eigenen Unternehmen. Damit wären wir auch direkt bei obengenannten Fall Eins. Ein sehr gutes Beispiel ist hier die Firma Teldafax die im Jahre 2011 schon in der Kritik stand und sehr Angeschlagen war aus wirtschaftlicher Sicht. Sie schrieben auf ihrem Facebookauftritt, die Seite sie „echt nicht der geeignete Platz für Beschwerden und Kundenanliegen“.

Ruuuuums! Das hatte gesessen! Die Social-Media-User liefen Sturm. Besonders dramatisch an dieser Situation war, dass sich in sämtlichem Kommentaren offenbarte, dass Teldafax-Kunden offensichtlich enorme Probleme hatten, auf anderen Wege eine Antwort vom Unternehmen überhaupt mal Ansatzweise zu bekommen. Die Facebook-Seite von dem Unternehmen Teldafax gibt es mittlerweile schon lange nicht mehr, das Unternehmen selbst aber auch nicht. Das war aber eher der wirtschaftlichen Lage geschuldet anstatt dem Shitstorm der zusätzlich noch gegen das Unternehmen lief.

Eine missglückte Marketingaktion von Henkel

Auch der Hersteller Henkel musste im Jahr 2011 einen Shitstorm über sich ergehen lassen, wegen einer eigentlich positiv angelegten Marketingaktion die dann zum PR-Debakel wurde. Das Unternehmen wollte für seine Marke Prüf per Crowdsourcing eine limitierte Auflage des Geschirrspülmittels entwerfen, der mit Garantie den Geschmack der Kunden trifft. Am Anfang spielten die Kunden mit, Sie reichten 50.000 Design- und Sloganvorschläge ein und stimmten dann am Schluss für ihren Favoriten ab. Unter den ganzen Vorschlägen waren viele harmlose Blumen- und Wiesenbilder, aber auch einige kuriose Vorschläge. Schnell wurde der Sloganvorschlag „Schmeckt lecker nach Hähnchen“ von der Community an die Spitze gebotet.

Bis zu diesem Zeitpunkt fand sowohl Henkel als auch die Community die Aktion noch lustig. Doch irgendwann wollte Henkel den Spaß beenden. Mit ernsten Folgen!. Die Henkel-Jury wollte einen zur Marke passenden Vorschlag und die ganze Spaßversion passt einfach nicht wirklich in deren Konzept. Unpassende Vorschläge wurden ab sofort nicht mehr zugelassen, und die gefachten Votes die es angeblich gab bereinigt und entfernt. Somit wurde der eigentlich führende Vorschlag mal eben aussortiert. Gewonnen hat am Schluss nach dem Juryurteil ein Etikettenvorschlag mit Anzugdesign mit dem Namen „Mr. Pril“ – die Teilnehmer der Aktion hatten aber eigentlich kaum dafür gestimmt. Kein Wunder das Sie sauer wurden und ihrem Ärger auf Facebook, Twitter und Co. Luft machten.

Aber das Unternehmen Henkel bliebt hart. Sie vertrat weiter die Auffassung, man müsste eine Edition produzieren, die eben zur Marke passt und im Einzelhandel auch verkaufbar sei und somit produzierten Sie das Etikett Mr. Pril. Für die Teilnehmer ist dieser Wettbewerb zu einer Farce geworden, für Henkel ist das ganze zu einer PR-Debakel mutiert.

Adidas, und die EM 2012

2011 hatte sich Henkel selber in die Schussbahn gebracht. Andere Unternehmen werden selber gar nicht aktiv, können aber trotzdem jederzeit „Opfer“ eines Shitstorms werden, wie ein Beispiel 2012 rund um die EM in der Ukraine zeigte. Der Ausgangspunkt bei dem Beispiel waren Fernsehberichte, die zeigten, dass im Austragungsort (damals Ukraine) Straßenhunde gezielt eingefangen wurden und getötet wurden, um das Land „sauber“ für das Fussballevent zu machen. Somit sind wir bei Punkt 3. Denn schnell kam es hier zu Protesten von Tierschützern, die sich zunächst erstmal auf ukrainische Politier und der Fifa richteten. Im beliebtesten sozialen Netzwerk Facebook wurden mehreren Gruppen gegründet, welche sich gegen die Tötung von Tieren aussprachen. Darunter auch die Gruppe „Stop Killing Dogs – Euro 2012 in Ukraine“. In dieser Gruppe erde am 22. November 2011 dazu aufgerufen, gezielt und möglichst auch zeitgleich, Sponsoren, Veranstalter und Fernsehsendern unmissverständlich mitzuteilen, dass Tiermorde mit deren Mitteln finanziert werden. Auf eine freundliche Formulierung darf gerne verzichtet werden.

Kurz nach dem Aufruf meldete der Branchendienst Media (den einigen Bekannt sein sollte): „Adidas erlebt den Social-Media-Gau“. Auf dem Facebookauftritt des großen Sportartikelherstellers war ein Sturm der Entrüstung dermaßen ausgebrochen, der sich in Hunderten negativer Kommentaren zeigte. Zunächst sah Adidas hilflos zu und sah sich dann irgendwann doch gezwungen, auf den Shitstorm einzugehen. Auf Deutsch und auch auf Englisch schrieb der Sportatikelhersteller auf seinen zuständigen Facebook-Seiten: „Die Adidas-Gruppe ist strikt gegen jegliche Form der Tierquälerei und erwartet von den ukrainischen Behörden, diesen Vorwürfen gewissenhaft nachzugehen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wir beobachten dieses Thema ganz genau und werden das auch weiterhin tun.“

Auf der englischsprachigen Seite wurde die Status-Meldung mit Zustimmung gewürdigt. Aber die deutschen Nutzer gaben sich mit dieser Erklärung nicht wirklich zufrieden. Sie hätten lieber erwartet, dass sich Adidas aus dem Sponsoring der EM 2012 zurückzieht. Als kurze Zeit später von Medien berichtet wurde, dass Adidas angeblich irgendwelche Kommentare von seinen Nutzern gelöscht hätte, kochte die Stimmung noch einmal gewaltig hoch.

Wie können Unternehmen und einzelne Personen einen Shitstorm verhindern?

Erstmal hier einer gute Nachricht an alle die einem Shitstorm ausgesetzt sind: Die meisten Empörungen sind nach einer Woche wieder vorbei. Oft handelt es sich eher um einen Shitwindchen als um einen Shitstorm. Als dramatisch ist ein Shitstorm dann anzusehen, wenn der Protestlauf von sozialen Netzwerken in andere Medien ebenfalls übergeht.

Shitstorms kann man aufhalten, wenn man schnell und ehrlich genug ist. Dabei gilt aber eine wichtige Sache, nicht mit PR-Sprache auf die aufgebrachten Meinungsäußerungen zu reagieren. Es wird von den meisten Nutzern erwartet, dass eine authentische und ehrliche Kommunikation vorhanden ist. Daher sollte man lieber zugeben, dass was falsch gelaufen ist und notfalls auch eingestehen, dass man machtlos ist, als bloße Betroffenheit den Nutzern auszusprechen. Hierbei muss die Position deutlich gemacht werden. Bedeutet: Punkte, die das Unternehmen ander sieht, klar und deutlich nennen und gleichzeitig zeigen, wo das betroffene Unternehmen einen gewissen Spielraum sieht. Das ganze sollte auch recht schnell ablaufen, um zu signalisieren, dass das Unternehmen welches betroffen ist mit den Menschen in Kontakt und auch Dialog stehen will. Keinesfalls dürfen Nachrichten oder bestimmte Nutzer ignoriert werden. NIEMALS!. Das gilt gerade für den Beginn eines Shitstorms.

Am besten sollte man die Werbesprache vermeiden

Das wichtigste für ein Unternehmen sollte aber die Vorbereitung sein. Generell sollte jedes Unternehmen, ja wirklich jedes!, einen Krisenplan irgendwo in der Schublade haben. Das gilt nicht nur für die Unternehmen die in sozialen Netzwerken vertreten sind. Opfer eines Shitstorms können alle Unternehmen werden. Darum sollten auch alle das Netz regelmäßig kontrollieren. Selbst nicht auf Facebook vertreten sein, heißt nicht, dass auf Facebook nicht über das Unternehmen geredet wird von Nutzern. Aus diesem Grund sollte für den Krisenfall ein klarer Handlungsablauf schon vorbereitet sein. Es sollte dann direkt ein Ansprechpartner für Hintergrundgespräche zur Verfügung stehen und eine Erreichbarkeit gewährleistet sein.

Treten Sie niemals als Unternehmen eine Kampagne los, deren Wirkung Sie nicht genau einschätzen können. Bei Marketingkampagnen in sozialen Netzwerken sollte ein Unternehmen diese erst mit einer von ihnen ausgewählten Testgruppe ausprobieren, um Reaktionen wesentlich besser abschätzen zu können. Dabei sollten Sie definitiv mit den verschiedensten Reaktionen rechnen. Jede Reaktion ist wirklich möglich und kann eine Eigendynamik entwickeln.

Zum Schluss noch eine schlechte Nachricht: Manche Shitstorms lassen sich einfach nicht vorbereiten oder gar vermeiden. Das sind gerade diese, die durch unzufriedene Kunden oder Falschmeldungen über das eigene Unternehmen verbreitet werden. Allerdings positiv gesehen haben diese dann auch nur negative Folgen, wenn dem betroffenen Unternehmen wirklich etwas vorgeworfen werden kann. Hat das Unternehmen tatsächlich einen schlechten Service oder auch Produkte, dann müssen Sie auch einfach damit umgehen können, egal ob Sie wollen oder nicht.

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